Dimethylfumarsäure und Multiple Sklerose - Ein persönlicher Erfahrungsbericht zu einer preiswerten Therapieoption  (for an english version please click here)


Auf dieser Seite wird beschrieben wie ich eine Therapie mit Dimethlyfumarsäure (DMF) zur Behandlung meiner MS mit Kosten von weniger als 100 Euro pro Jahr mache.

 

Kurz zu meiner MS Krankengeschichte. Im Herbst 2005 hatte ich schlaganfallartige Probleme die später als MS diagnostiziert wurde. Ich hatte schon lange davor kleinere Probleme, hatte sie aber verdrängt vielleicht weil meine Tante mit 41 Jahren an MS gestorben ist und ich deshalb alles was mit MS zu tun hatte ignorierte, obwohl ich seit 1991 in der klinischen Forschung arbeite. 2006 gab es noch einmal einen kleinen Schub bis 2011 konnte ich vermutlich mit Stressreduzierung und einigen Ernährungsänderungen größere Probleme vermeiden. Im Oktober 2011 hatte ich dann MS bedingt mehrmals ziemlich schmerzhafte und unangenehme epileptische Krampfanfälle so dass ich mich wieder mehr mit der Thematik beschäftigt habe. 2006 war Dimethylfumarsäure nur eines unter mehreren Medikamenten die bei MS als neues Therapeutikum diskutiert wurde. 2011 war es nicht mehr zu übersehen dass es bei einem nicht zu schweren Verlauf der MS wahrscheinlich die vielversprechendste Option ist um MS bedingte Gehirnschäden zu reduzieren. Da meine Cousine Ärztin ist und einen Arzt in Holland kannte der DMF schon seit mehr als 20 Jahren bei Schuppenflechte einsetzt war es relativ einfach die Therapie zu starten. Die Kosten dieses Medikamentes (Psorinovo) waren moderat, langfristig dachte ich aber dass eine Selbstherstellung die bessere Option ist. Es deutet alles darauf hin dass DMF als leicht und billig verfügbare Reinsubstanz einfach nur in eine magensaftresistente Kapsel gefüllt werden muss um die gleiche Wirkung zu erzielen wie die entsprechenden DMF Medikamente.

Die Ergebnisse aus den bisherigen Studien zeigen dass DMF zur Reduzierung von MS Schäden im Gehirn wirksamer ist als die bisherigen Basistherapien (Interferon, Glatirameracetat) aber weniger effektiv als die Antikörpertherapien (z.B. Natalizumab). Das Problem bei letzteren sind das wesentlich höhere Risiko von lebensgefährlichen Gehirninfektionen. Gute Information zur Wirkung von DMF bei MS findet sich z.B. in der Pressemitteilung der Deutschen Gesellschaft für Neurologie, diesem Artikel oder dem Handbuch des Kompetenznetz Multiple Sklerose. Sie zeigen dass DMF zur Therapie der MS relevant und wirksam ist und im Vergleich zu den anderen MS Therapien überschaubare Nebenwirkungen hat. Im MRT konnten z.B. mit DMF im Durchschnitt etwa 80% weniger Schäden gefunden und das Gesamtbefinden deutlich verbessert werden (z.B. Erschöpfungszustände, Konzentrationsstörungen, Depressionen,..). Als Präparat wurde in diesen Studien BG12 verwendet das neben anderen kleineren Modifikationen DMF in magensaftresistenter Form enthält. Die Magensaftresistenz kann auch durch die Verwendung einer magensaftresistenten Kapsel oder die Beschichtung einer Kapsel mit Eudragit erreicht werden. Dadurch löst sich die Kapsel erst im Dünndarm auf. Dies ist notwendig damit die Magenschleimhaut nicht gereizt oder DMF durch die Säure im Magen abgebaut wird. Es wäre kein großer Aufwand die Kapseln für andere herzustellen, nach dem Arzneimittelgesetz ist dies nicht erlaubt und die Informationen auf dieser Seite sind deshalb nur für den persönlichen Gebrauch gedacht.

DMF gibt es von verschiedenen Anbietern in fast reiner Form (meist 99%). Die Analytik und Qualitätskontrollen für Chemikalien sind heute so gut dass diese DMF Präparate sicher sind, besser als die welche Dr. Schweckendiek vor 60 Jahren zur Verfügung standen um die DMF Therapie im Eigenversuch für die Schuppenflechte zu entwickeln. Es wäre auch kein großer Aufwand einen Test auf Reinheit in einem pharmazeutischen Institut durchführen zu lassen und in Holland gibt es eine Firma (ww.ofichem.com) die DMF in Apothekenqualität verkauft, allerdings zu einem 5 fach höheren Preis. Privatpersonen haben meist Probleme bei einem der Chemikalienhändler (z.B.: VWR, Merck, Alfa-AesarSigma-Aldrich oder Reiss) direkt etwas zu kaufen, über eine Firma (selbst eine Einpersonenfirma) oder Bekannte die schon Erfahrung mit dem Bezug von Chemikalien haben ist es normalerweise unproblematisch. DMF kann nicht zum Töten oder Bombenbau verwendet werden. Früher wurde DMF oft als Antischimmelmittel in Schuhen und Polstermöbel verwendet. Aufgrund von Hautreizungen wird es dafür nicht mehr verwendet, in Bereichen wo es nicht in Kontakt mit der Haut kommen kann wäre ein Einsatz aber plausibel und damit ein Kaufgrund.

Das folgende Bild zeigt das Material um die magensaftresistenten DMF Kapseln herzustellen. DMF von Merck, die speziellen magensaftresistenten Kapseln (z.B. von www.purecapsules.co.uk unter 'Enteric coated capsules'), die Waage zum Überprüfen des mittleren Gewichts der Kapsel (kostet bei Amazon etwa 20 Euro) und die Kapselfüllmaschine (hier ein Cap M Quik für etwa 40 Euro die in Google leicht zu finden ist, wichtig ist das Gerät für die entsprechende Kapselgröße zu kaufen). Die Kapseln auf dem Bild haben die Größe 2 in welche ungefähr 200 mg DMF passen. Bei einer Tagesdosis von 360 mg entspricht dies 12 Kapseln d.h. in einer Woche nimmt man an fünf Tagen zwei und an zwei Tagen nur eine Kapsel. Bei 480 mg wären es 16 Kapseln. Damit die Kapseln nicht schon im Magen auseinanderfallen, sollte das Oberteil fest auf das Unterteil gedrück werden und DMF Reste an der seitlichen Wand des Unterteils mit den Fingern entfernt werden damit die Dichtheit nicht beeinträchtigt wird. 



Alternativ gibt es ein Set von Kapseln zusammen mit Eudragit z.B. bei www.lga.fr mit dem normale Kapseln magensaftresistent gemacht werden können. Unter Vimeo gibt es dazu einen Film und bei Problemen mit der Verträglichkeit macht es evtl. Sinn beide Optionen zu testen oder die Kapsel zusammen mit einem Milchprodukt als Zwischenmahlzeit einzunehmen. Der beste Zeitpunkt für die Einnahme von DMF scheint eine gewisse Zeit (z.B. 30 Minuten) vor einer Mahlzeit zu sein damit die Kapsel möglichst schnell in den Dünndarm übergeht und nicht mit dem Essen länger im Magen verbleibt und sich evtl. auflöst.

Bei einer Dosis von 480 mg/Tag betragen die Kosten pro Jahr etwa 50 Euro für das DMF und 50 Euro für die Kapseln. Im Vergleich dazu sind die Kosten für ein etabliertes DMF Präparat aus der Apotheke (z.B. Psorinovo aus Holland, der Medicon Apotheke in Nürnberg oder der Ballinari Apotheke in Bern) etwa 1000 Euro bzw. 27000 Euro für Tecfidera das speziell für MS zugelassen ist. Der Preis für dieses Medikament hat wenig mit der Herstellung oder der Testung von DMF für MS zu tun sondern mehr was bisher für die Therapie von MS Medikamenten ausgegeben wurde, welchen ökonomischen Gewinn eine bestimmte Therapie hat (z.B. Verhinderung von frühzeitigen Verrentungen,...) und dass die Krankenkassen durch die Umlage auf alle Versicherten in der Lage sind solche Summen auszugeben. Die Folgen sind entweder eine Erhöhung der Krankenkassenbeiträge oder das Einsparen in anderen Bereichen wo der Lobbydruck geringer ist. In einem Zeit Artikel wurde dies gut beschrieben. Tecfidera hat wie Psorinovo neben der Magensaftresistenz noch einen ‚slow release‘ Faktor. Für die Wirkung ist der 'slow release' Faktor nicht von großer Bedeutung da DMF im Dünndarm sehr schnell in Monomethylfumarsäure umgewandelt wird die im Blut eine längere Halbwertszeit hat d.h. die Konzentration im Blut wird durch eine langsame Freisetzung im Darm kaum beeinflusst.

Um jedes unnötige Risiko zu vermeiden ist es sinnvoll diese Therapie mit einem Arzt zu beginnen der Erfahrung mit DMF hat. Am Anfang wird die Dosis an DMF langsam erhöht wobei sich bei der Schuppenflechte das folgende Schema bewährt hat: Tag 1: 1x30 mg, Tag 2-4: 2x30 mg, Tag 5-11: 3x30 mg, Tag 12-18: 3x60 mg, Tag 19-25: 3x90 mg, Tag 26-32: 3x120 mg und dann die Enddosis mit morgens und abends 240 mg. Bei Problemen (z.B. Durchfall oder Bauchschmerzen) kann es Sinn machen noch langsamer die Dosis zu erhöhen oder sogar wieder zu reduzieren bis sich der Körper angepasst hat. Wenn es nach einigen Monaten keine Probleme gibt und DMF wirkt ist der Übergang zur Selbstherstellung unproblematisch. Zu Beginn der DMF Therapie sollten öfter die Blutwerte kontrolliert werden (wichtig sind Kreatinin für die Niere, ALAT für die Leber und Differentialblutbild für die Leukozyten). Für die Nierenfunktion kann statt Kreatinin auch die Eiweißausscheidung im Urin gemessen werden. Es kann selbst gemacht werden (z.B. Microalbustix von Siemens) und zeigt früher an wenn es irgendwelche Probleme geben sollte. Ein Arzt mit DMF Erfahrung wird bestätigen können dass es bei normaler Anwendung praktisch keine schweren Nebenwirkungen gibt. Nur in sehr seltenen Fällen wo bei einem starken Abfall der Leukocyten auf weniger als ein Viertel des unteren Normalwertes die Therapie nicht abgebrochen wurde kam es zu gefährlichen Hirninfektionen. Durch die Blutuntersuchungen kann dieses Problem vermieden werden. Langfristig reicht es die Blutuntersuchungen halbjährlich zu machen. Ein anderer Ansatz der an der Uniklinik in Bochum verwendet wird (es ist der Ort an dem die Wirkung von DMF auf MS entdeckt wurde) ist 5 mg DMF pro kg Körpergewicht als Richtgröße für die Enddosis zu nehmen und regelmässig die Zahl der Lymphocyten zu kontrollieren (diese können direkt in einem klinisch chemischen Labor für etwa 12 Euro ohne Überweisung gemacht werden). Dies ist der Teil der Leukocyten der für die Zerstörung der Nervenzellen verantwortlich ist. Diese sollten nie unter 0.5 (tsd/ul) fallen (die Gesamtleukocyten nie unter 3.0 (tsd/ul) wobei eine Reduzierung als Zeichen der Therapiewirksamkeit gesehen wird und die Dosis daran ausgerichtet wird (zu geringe Reduzierung => Dosiserhöhung, zu starke Reduzierung => Dosisminderung). Es ist offensichtlich dass ein solcher Ansatz besser ist als einfach nur 480 mg DMF pro Tag zu nehmen. In der Schuppenflechtetherapie wird z.B. abhängig vom Zustand der Haut die DMF Dosis erhöht bzw. reduziert. Leider gibt es bei der MS mit den Lymphocyten nur einen indirekten Indikator dass die Therapie wirkt und die Lymphocyten scheinen nicht bei jedem gleich zu reagieren d.h. es gibt sicher viele Fälle wo DMF wirkt ohne dass sich an den Lymphocyten etwas wesentliches ändert. Das folgende Bild zeigt die Entwicklung der Blutwerte wie sie bei mir stattgefunden hat:

Wie erwartet sind die Lymphocyten deutlich abgefallen und im Juli 2013 habe ich die Dosis auf 240 mg/Tag reduziert. Damit scheint sich die Zahl der Lymphocyten wieder zu erhöhen so dass es sinnvoll war mit 360 mg/Tag eine etwas höhere Konzentration auszuprobieren. Da die Lymphocyten wieder abgefallen sind bin ich zurück auf die 240 mg/Tag gegangen bzw. aus Vereinfachungsgründen auf 200 mg/Tag da dies einer Kapsel pro Tag entspricht. Seit Mai 2015 teste ich eine deutlich geringere Konzentration und die Lymphocyten sind stabil relativ niedrig. Es ist nur Spekulation aber möglicherweise ist diese geringe Dosis ausreichend wenn sich bei mir bei den MS Symptomen nichts verschlechtert. Die normale Dosis von 480 mg/Tag hätte wahrscheinlich schon zu einem Abbruch der DMF Therapie geführt.

Da DMF nicht direkt bei den Ursachen der MS ansetzt, wäre es nicht sinnvoll andere bekannte Risikofaktoren zu ignorieren. Rauchen, Vit. D. Mangel und Stress sind die bekanntesten und am leichtesten zu ändern, bei anderen Faktoren die möglicherweise mehr von Bedeutung sind (Ernährung, unzureichende normale Stimulierung des Immunsystems im jüngeren Alter aufgrund von zu sauberer Umgebung oder Antibiotikagabe,....) wird es leider komplexer und schwieriger zu ändern.

Ich freue mich über jeden Verbesserungsvorschlag für diese Webseite!

  

Jürgen Erhardt (Dr. rer. nat.)
Kastanienweg 5
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